Natürlich Laaser Marmor für das Victoria Memorial

Am 24. Mai jährt sich zum 200. Mal der Geburtstag von Queen Victoria. Die Beliebtheit der britischen Monarchin bei den Briten ist bis zum heutigen Tage ungebrochen. Victoria steht wie keine andere Regentin des Vereinigten Königreichs für die Hochzeit des britischen Empires. Dank ihrer langen Regentschaft spricht man heute auch vom Victorianischen Zeitalter. Am Ende der Londoner Prachtstraße „The Mall“ befindet sich vor dem Buckingham Palace das 1911 eingeweihte Victoria Memorial zu Ehren für die britische Königin Victoria. Sämtliche Statuen und zahlreiche Massivteile am Denkmal sind aus Laaser Marmor.

Das monumentale Denkmal vor der offiziellen Residenz des britischen Monarchen in London war das Herzstück eines ehrgeizigen städtebaulichen Plans, der die Schaffung der königlichen Gärten (Queen's Gardens) samt der Neugestaltung des Buckingham Palace nach einem Entwurf von Sir Aston Webb beinhaltete. Entsprechend der Vorgaben der Auftraggeber entwarf der englische Bildhauer Thomas Brock ein monumentales Denkmal zu Ehren der 1901 verstorbenen Regentin.

Monumentale Ausmaße für das Queen Victoria Memorial

Bis zum höchsten Punkt ist das Denkmal 26 Meter hoch und 32 Meter breit. Außerdem wiegt das kolossale Werk insgesamt 2.300 Tonnen. Für das Gesamtwerk wurde auch anderer Marmor verwendet aber die einzelnen Statuen der Figurengruppen rund um das Denkmal und weitere Massivteile wurden aus Laaser Marmor gefertigt. Auf der Spitze der marmornen Stütze steht in vergoldeter Bronze die Siegesgöttin Victoria. Sie blickt auf ein ausgeklügeltes Schema ikonografischer Skulpturen. , Darunter befinden sich zwei Adler mit ausgebreiteten Flügeln, die das britische Imperium darstellen. Es folgen die Statuen der thronenden Queen Victoria und der „Mutterschaft“ sowie der „Gerechtigkeit“ und der „Wahrheit“. Die Allegorie der „Wahrheit“, mit einem Gewicht von 40 Tonnen, wurde aus einem einzigen Laaser Marmorblock geformt.

Bildhauer Thomas Brock wurde zum Ritter geschlagen

Eingeweiht wurde das Monumentalwerk am 16. Mai 1911 von König George V. im Rahmen einer prunkvollen Zeremonie. Der Monarch war nach der Enthüllung von der Imposanz des Monumentalwerkes so beeindruckt, dass er sofort nach einem Schwert griff und den Bildhauer Brock noch an Ort und Stelle zum Ritter schlug.

Die Blöcke für das monumentale Standbild der auf ihrem Thron sitzenden Queen Victoria sowie der weiteren Statuen des Denkmals wurden im Weißwasserbruch ausgesucht und 1903 über die Niederlande nach London verschifft. Die Ausführung in Laas oblag dem Laaser Marmorpionier Josef Lechner und seiner Josef Lechner Marmorgewerkschaft. Wie jedoch die royalen Auftraggeber und der Künstler Sir Thomas Brock auf die Wahl des Laaser Marmors als Ausgangsmaterial für das Queen Victoria Denkmals kamen, kann auch nachvollzogen werden.

Laaser Marmor ist bekanntlich ein sehr harter, widerstandsfähiger und wetterbeständiger Naturstein. Skulpturen aus Laaser Marmor wirken aufgrund der besonderen kristallinen Struktur des Gesteins besonders lebendig. Diese Eigenschaften, insbesondere das strahlende Weiß und die Frostbeständigkeit, wurden in der Hochblüte des Laaser Marmors zwischen 1890 und 1910 sehr geschätzt. Für das berühmtberüchtigte kalte und regnerische Schmuddelwetter in London schien der edle Vinschger Stein folglich somit wie geschaffen zu sein.

Unterstützung kam direkt aus dem britischen Königshaus

Doch der Laaser Marmor hatte noch einen weiteren wichtigen Helfer, um zum bevorzugten Ausgangsmaterial für die künstlerischen Arbeiten am Denkmal der Queen Victoria zu werden. Prinz Viktor zu Hohenlohe-Langenburg (1833 – 1891), besser bekannt auch als Count Gleichen und ein Verwandter der Königsfamilie.

Prinz Viktors große Leidenschaft war die Bildhauerei. So schuf Prinz Viktor 1887 aus Laaser Marmor für das Holloway College der Universität London in Egham, bekannt als Drehkulisse für die Harry-Potter-Filme, das Denkmal für den Philanthropen Thomas Holloway und seiner Frau Jane. Ebenfalls auf dem Gelände des Royal Holloway College befindet sich aus Laaser Marmor die Statue der Queen Victoria. Prinz Viktor muss regelrecht vernarrt in den Laaser Marmor gewesen, wie zahlreiche seiner Werke belegen. Die Büste von Commodore James Graham Goodenough (1877) im National Maritime Museum, Greenwich, und die monumentale Statue von König Alfred dem Großen auf dem Marktplatz von Wantage in der englischen Grafschaft Oxfordshire sind ebenfalls aus Laaser Marmor gefertigt.

Die Wahl von Laaser Marmor für Queen Victoria Memorial ist somit kein einmaliger Zufall sondern zweifelsfrei Ausdruck der hohen Wertschätzung, welchen der edle Naturstein bereits vor über 100 Jahren auch im britischen Empire und bei Künstlern und Bildhauern in England genoss.